
Radreise Tag 14: Zwischen Angst, Erschöpfung und der Sehnsucht nach Ruhe – Auf dem Weg zu den Plitvicer Seen
Heute war kein Tag für schöne Bilder. Kein Tag zum Staunen, Schwärmen oder Schwitzen mit einem Lächeln.
Heute war ein Tag, der weh tat – körperlich, emotional, mental.
82 Kilometer, 1240 Höhenmeter, kaum Schlaf, ein zerrütteter Körper, ein Kopf voller Gedanken und ein Weg, den ich mir nicht ausgesucht hätte, wenn ich’s vorher gewusst hätte.

💨 Schlafmangel & Start ins Ungewisse
Die Nacht war eine Katastrophe. Meine Isomatte verliert weiter Luft, und ich war alle zwei Stunden wach, um sie nachzupusten. Irgendwann konnte ich nicht mehr. Als ich morgens losfuhr, war ich kaputt, gereizt, erschöpft – und das war vor der ersten Steigung.
Der Plan war, über Slunj in den Nationalpark Plitvička Jezera zu fahren – eigentlich ein Highlight dieser Reise.
Aber der Weg dorthin wurde zu einem inneren Kampf.

🐕 Naturidylle? Nein – freilaufende Hunde, Adrenalin & Angst
Weil ich den Verkehr meiden wollte, wählte ich eine abgelegenere Route durch die Natur. Das war der Fehler.
Freilaufende Hunde – ständig. Bei jedem Bauernhof, jedem Haus, plötzlich schossen sie aus dem Nichts.
Kein freundliches Bellen. Aggressiv. Direkt. Bedrohlich.
Zweimal musste ich fliehen, einmal waren es zwei gleichzeitig. Ich spürte, wie das Adrenalin durch meinen Körper schoss.
Ich konnte nicht mehr entspannt treten. Jedes Knacken im Gebüsch machte mich nervös. Ich wollte einfach nur weg.
Die Wege wurden schlechter, steiler, verlassener. Irgendwann war ich mitten im Wald, kilometerweit von der nächsten Siedlung entfernt, umgeben von nichts außer aufgeforstetem Wald, Stille – und meiner eigenen Angst.
Ich fühlte mich unwohl, fremd, einsam auf eine Weise, die ich so nicht kannte. Kein Empfang, keine Menschen, kein Plan B. Nur dieser Gedanke: Ich will hier raus.

💥 Einschusslöcher & Gedanken an den Krieg
Dann kamen die Häuser. Verlassen. Trostlos. Und mit massiven Einschusslöchern in den Mauern.
Ich hielt an. Und dann kam es über mich.
All die Gedanken: Wie schnell kann Frieden kippen? Wie leicht kann ein Ort, ein Zuhause, eine ganze Region in etwas Dunkles, Zerstörtes verwandelt werden?
Ich saß auf meinem Rad, klatschnass geschwitzt, müde bis ins Mark – und dachte plötzlich nicht mehr an Tagesziele, sondern an das, was wir oft für selbstverständlich halten: Frieden, Sicherheit, Normalität.
🧁 Slunj & der Versuch, wieder zu atmen
Als ich endlich in Slunj ankam, war ich einfach nur froh. Kein Triumph. Keine Freude. Nur Erleichterung.
Ich ging in den Supermarkt, kaufte einen Fertigkuchen, Patex-Kleber für meine Isomatte, und setzte mich still in die Ecke.
Ich wollte nicht reden. Nicht gucken. Nur essen. Nur durchatmen.
Von dort ging es weiter auf der Hauptstraße – diesmal keine Hunde, dafür LKWs, die nah an mir vorbeizogen, mir den Wind wegnahmen und das Herz in die Hose rutschen ließen.
Erst am Nachmittag begann die Landschaft wieder sanfter zu werden – Wälder, Täler, Bäche, die einluden. Aber ich konnte es nicht genießen. Ich war zu leer.

💦 Plitvice – aber bitte ohne Touristenstrom
Kurz vor dem Ziel noch eine letzte Steigung – aber dafür ein grandioser Ausblick auf die Plitvicer Seen und Wasserfälle.
Und dann kam der Moment, in dem ich merkte: Ich kann das heute nicht.
Kein 40 €-Eintritt, kein Selfie mit Reisegruppe, kein Touristen-Hopping. Ich wollte nur mein Zimmer.
Also bin ich direkt in mein gebuchtes Gasthaus, hab mich in mein Bett verkrochen und versucht, das alles zu verarbeiten.
Davor: noch schnell eine Mullbinde und der Kleber – vielleicht überlebt meine Isomatte die nächste Nacht.

🌱 Persönlicher Eindruck
Ich schreibe diesen Artikel nicht, weil heute alles toll war. Sondern weil es wichtig ist, auch diese Tage zu zeigen.
Radreisen ist nicht immer Freiheit, Lagerfeuer und Weitblick.
Manchmal ist es allein sein mit Angst, Konfrontation mit der eigenen Belastbarkeit, Verlorenheit auf Wegen, die nicht als Weg gedacht sind.
Aber vielleicht ist genau das auch Teil des Abenteuers.
Nicht die Frage, wie viele Kilometer du schaffst – sondern wie du mit dem umgehst, was dich an deine Grenzen bringt.
🧠 Zitat des Tages
„Manchmal führt der Weg nicht ans Ziel – sondern zu dir selbst.“


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