
Aminosäuren – die Bausteine des Eiweißes, welche besonders wichtig sind und was sie im Körper bewirken.
Dies ist der zweite Teil meiner dreiteiligen Serie über Eiweiß in der veganen Ernährung – speziell für Radfahrer und Radreisende.
Teil 1: Grundlagen – Was ist Eiweiß, warum brauchen wir es, und wie viel ist sinnvoll?
Teil 2 (dieser Artikel): Aminosäuren – die Bausteine des Eiweißes, ihre Funktionen im Körper und wo sie in veganen Lebensmitteln vorkommen.
Teil 3: Praxis – wie man als Veganer Lebensmittel clever kombiniert, um ein vollständiges Aminosäurenprofil zu erreichen, und welche Tricks besonders für Sportler und Radreisende wichtig sind.
Einführung: Aminosäuren, die Bausteine des Lebens
Wenn Eiweiß der Rohstoff ist, mit dem der Körper Muskeln, Hormone und Enzyme baut, dann sind Aminosäuren die Ziegelsteine, aus denen dieser Rohstoff besteht. Ohne sie gäbe es kein Leben – deshalb spricht man oft auch von den „Bausteinen des Lebens“.
Stell dir deinen Körper als ein riesiges Bauprojekt vor: Muskeln sind die Gebäude, Enzyme die Werkzeuge, Hormone die Kommunikationsleitungen. All das wird aus Aminosäuren zusammengesetzt. Sie sind so grundlegend, dass selbst kleinste Unterschiede in der Versorgung spürbare Auswirkungen haben können – auf deine Leistungsfähigkeit, deine Stimmung und sogar auf dein Immunsystem.
Damit es anschaulicher wird, schauen wir uns drei Beispiele an:
Muskeln (Leucin)
Beim Radfahren entstehen winzige Risse in den Muskelfasern. Die Aminosäure Leucin wirkt wie ein Schalter, der dem Körper signalisiert: „Jetzt reparieren und aufbauen!“ Ohne Leucin läuft der Muskelaufbau nur sehr schleppend.Hormone (Tryptophan)
Aus der Aminosäure Tryptophan stellt der Körper Serotonin her – ein Botenstoff, der Stimmung und Schlaf beeinflusst. Wer nach langen Touren entspannt einschlafen will, braucht also genug Tryptophan in seiner Ernährung.Enzyme (Methionin)
Enzyme sind kleine Maschinen, die jede Reaktion im Körper steuern. Für viele braucht es die schwefelhaltige Aminosäure Methionin. Sie sorgt zum Beispiel dafür, dass Stoffwechselprozesse rund um Entgiftung und Energiegewinnung reibungslos laufen.
Diese Beispiele zeigen: Aminosäuren sind nicht nur Bausteine für Muskeln, sondern auch Steuerrädchen für Stimmung, Energie und Regeneration.
Dabei unterscheidet man zwei große Gruppen:
Nicht essenzielle Aminosäuren: Diese kann der Körper selbst herstellen, wenn genug Baustoffe vorhanden sind.
Essenzielle Aminosäuren: Diese musst du mit der Nahrung aufnehmen, weil der Körper sie nicht selbst bilden kann. Für uns Menschen sind das neun Stück, die wir uns gleich im Detail anschauen.

Gerade für Radfahrer und Sportler ist es entscheidend, diese essenziellen Aminosäuren regelmäßig aufzunehmen. Nicht in einer riesigen Portion am Abend, sondern über den Tag verteilt – so wie man ein Haus nicht in einem Schwung hochzieht, sondern Stein für Stein setzt.
Die 9 essenziellen Aminosäuren im Detail
1. Histidin – Schutzschild und Baustoff
Funktion im Körper:
Histidin ist so etwas wie der „Sicherheitschef“ unter den Aminosäuren. Es wird gebraucht, um Histamin zu bilden – ein Stoff, der im Immunsystem eine zentrale Rolle spielt. Außerdem hilft Histidin, die roten Blutkörperchen gesund zu halten, was wichtig ist, damit Sauerstoff zuverlässig zu deinen Muskeln transportiert wird. Gerade bei langen Radetappen, wo die Muskeln ständig Nachschub an Sauerstoff brauchen, ist das Gold wert.
Bezug für Radfahrer & Sportler:
Stärkt das Immunsystem, das auf langen Touren oft unter Druck gerät.
Unterstützt die Regeneration durch bessere Sauerstoffversorgung.
Hat Einfluss auf die Heilung kleiner Gewebeschäden.
Vegane Quellen:
Histidin findet sich reichlich in Hülsenfrüchten (Kichererbsen, Linsen, Sojabohnen), aber auch in Vollkornprodukten und Nüssen (Walnüsse, Erdnüsse). Eine Portion Hummus auf Vollkornbrot liefert also gleich zwei Bausteine auf einmal.
2. Isoleucin – Energie für Muskeln
Funktion im Körper:
Isoleucin gehört zu den BCAAs (verzweigtkettigen Aminosäuren) und ist besonders für die Energieversorgung in den Muskeln wichtig. Es spielt eine Rolle bei der Zuckeraufnahme in die Muskelzellen und unterstützt die Regeneration nach Belastungen. Außerdem hilft Isoleucin, kleine Muskelschäden zu reparieren und das Immunsystem zu stärken.
Bezug für Radfahrer & Sportler:
Liefert direkte Energie für arbeitende Muskeln.
Unterstützt die Reparatur nach harten Etappen.
Schützt die Muskeln vor Abbau, wenn die Kohlenhydratspeicher leer sind.
Gerade bei langen Ausfahrten, wenn die Kohlenhydrate knapp werden, kann Isoleucin die Muskulatur wie eine Notstromversorgung stabil halten.
Vegane Quellen:
Besonders reich an Isoleucin sind Sojaprodukte (Tofu, Tempeh), Hülsenfrüchte (Linsen, Erbsen, Kichererbsen), Nüsse (Mandel, Cashew) und Haferflocken. Ein Haferbrei mit Sojajoghurt und Nüssen ist ein richtiges Isoleucin-Power-Frühstück.
3. Leucin – der Schalter für Muskelaufbau
Funktion im Körper:
Leucin ist so etwas wie der Startknopf für den Muskelaufbau. Es aktiviert einen zentralen Signalweg im Körper (den sogenannten mTOR-Signalweg), der bestimmt, ob Muskelproteine aufgebaut oder abgebaut werden. Ohne Leucin läuft die Muskelreparatur nur auf Sparflamme.
Bezug für Radfahrer & Sportler:
Startet die Proteinbiosynthese – also die Reparatur und den Aufbau von Muskeln nach harten Belastungen.
Hilft, Muskelabbau bei langen Ausdauerfahrten zu verhindern.
Unterstützt die Energiebereitstellung, wenn Kohlenhydrate knapp sind.
Besonders nach einer langen Tour oder einem intensiven Training ist Leucin entscheidend, um die Regeneration schnell in Gang zu bringen.
Vegane Quellen:
Reichlich Leucin steckt in Sojaprodukten (Tofu, Edamame, Tempeh), Hülsenfrüchten (Erbsen, Linsen, Kichererbsen), Erdnüssen, Kürbiskernen und Haferflocken. Ein Chili sin Carne aus Linsen und Tofu liefert also jede Menge Leucin.

4. Lysin – der Stabilisator für Gewebe und Abwehr
Funktion im Körper:
Lysin ist unverzichtbar für die Bildung von Kollagen, einem Protein, das Haut, Sehnen und Bänder stark und elastisch hält. Außerdem spielt es eine Rolle bei der Aufnahme von Calcium und damit bei der Knochengesundheit. Lysin unterstützt auch die körpereigene Abwehr und wirkt gegen Viren.
Bezug für Radfahrer & Sportler:
Hält Sehnen und Bänder stabil – wichtig bei Belastungen durch langes Fahren.
Unterstützt die Regeneration von Gewebe nach Mikroverletzungen.
Fördert die Immunabwehr, die auf mehrtägigen Touren durch Wetter, Stress und Schlafmangel besonders gefordert ist.
Ein Mangel an Lysin macht sich manchmal bei Veganern bemerkbar – etwa durch langsamere Regeneration oder anfällige Gelenke. Deshalb ist es eine der Aminosäuren, auf die man gezielt achten sollte.
Vegane Quellen:
Lysin ist reichlich in Hülsenfrüchten (Linsen, Kichererbsen, Sojabohnen, Erbsen) enthalten. Auch Quinoa und Amaranth liefern gute Mengen. Eine einfache Linsen-Bolognese mit Vollkornnudeln deckt einen großen Teil des Tagesbedarfs.
5. Methionin – der Schwefelträger und Stoffwechsel-Starthelfer
Funktion im Körper:
Methionin ist eine schwefelhaltige Aminosäure und wirkt wie ein Schlüssel, der viele Stoffwechselwege aufschließt. Es ist wichtig für die Bildung von Cystein (aus dem später Glutathion entsteht – eines der stärksten körpereigenen Antioxidantien). Außerdem spielt Methionin eine Rolle bei der Entgiftung in der Leber und beim Aufbau neuer Proteine.
Bezug für Radfahrer & Sportler:
Unterstützt die Entgiftung nach starker Belastung (z. B. Abbau von Stoffwechselabfällen nach langen Etappen).
Hilft bei der Regeneration durch Bildung von Antioxidantien, die freie Radikale abfangen.
Spielt eine Rolle bei der Gesundheit von Haut und Haaren, was indirekt für Sportler interessant ist, die viel draußen unterwegs sind (Sonne, Wind, Kälte).
Vegane Quellen:
Methionin findet sich besonders in Nüssen und Samen (Sesam, Sonnenblumenkerne, Paranüsse), aber auch in Haferflocken, Reis, Mais und Sojaprodukten. Weil Hülsenfrüchte relativ wenig Methionin enthalten, macht die Kombination mit Getreide oder Samen besonders Sinn – z. B. Linsencurry mit Reis und Sesam-Topping.
6. Phenylalanin – der Konzentrations-Booster
Funktion im Körper:
Phenylalanin ist die Vorstufe für die Aminosäure Tyrosin. Aus Tyrosin entstehen wichtige Botenstoffe wie Dopamin, Adrenalin und Noradrenalin – das sind die „Motivations- und Wachmacher-Hormone“ des Körpers. Ohne Phenylalanin würde das zentrale Nervensystem nicht richtig funktionieren.
Bezug für Radfahrer & Sportler:
Hilft, die Konzentration auch nach vielen Stunden im Sattel hochzuhalten.
Unterstützt die Reaktionsfähigkeit – wichtig bei langen Abfahrten oder im Straßenverkehr.
Kann die Stimmung stabilisieren, besonders bei langen Touren mit Müdigkeit und mentaler Erschöpfung.
Vegane Quellen:
Phenylalanin steckt reichlich in Sojaprodukten, Hülsenfrüchten (Erbsen, Linsen), Kürbiskernen, Mandeln und Sesam. Ein Müsliriegel mit Haferflocken, Nüssen und Samen ist ein perfekter Phenylalanin-Snack für unterwegs.
7. Threonin – der Baumeister für Gewebe
Funktion im Körper:
Threonin ist entscheidend für die Bildung von Kollagen und Elastin – Proteine, die Haut, Bindegewebe und Gelenke stabil machen. Außerdem spielt Threonin eine Rolle bei der Bildung von Antikörpern und unterstützt die gesunde Funktion des Verdauungssystems, weil es Bestandteil von Schleimproteinen im Darm ist.
Bezug für Radfahrer & Sportler:
Stärkt Sehnen, Bänder und Gelenke – das „Fahrwerk“ für lange Touren.
Hilft bei der Regeneration von Gewebe nach Belastung.
Unterstützt das Immunsystem, was auf Radreisen wichtig ist, wenn man Wind, Wetter und Stress ausgesetzt ist.
Trägt zu einer gesunden Darmfunktion bei, die wiederum die Nährstoffaufnahme verbessert – entscheidend, wenn man täglich hohe Energiemengen braucht.
Vegane Quellen:
Threonin steckt in Hülsenfrüchten (Erbsen, Linsen, Kichererbsen, Soja), aber auch in Quinoa, Amaranth, Sonnenblumenkernen und Spinat. Ein Quinoa-Salat mit Linsen und Spinat liefert reichlich Threonin und ist ideal für ein Radreise-Abendessen.
8. Tryptophan – der Ruhe- und Schlafbringer
Funktion im Körper:
Tryptophan ist die Vorstufe für Serotonin, das „Glückshormon“, und für Melatonin, das Schlafhormon. Damit beeinflusst es direkt Stimmung, Stressverarbeitung und Schlafqualität. Ohne ausreichend Tryptophan kann der Körper weniger Serotonin bilden, was sich auf Motivation und Wohlbefinden auswirkt.
Bezug für Radfahrer & Sportler:
Hilft, nach langen Etappen besser einzuschlafen und erholsamer zu schlafen.
Stabilisiert die Stimmung – wichtig bei Touren mit vielen Belastungen oder Rückschlägen.
Unterstützt die Regeneration, weil guter Schlaf entscheidend für Muskelaufbau und Immunsystem ist.
Kann sogar die Schmerzempfindung beeinflussen, da Serotonin auch an der Schmerzwahrnehmung beteiligt ist.
Vegane Quellen:
Tryptophan findet sich in Haferflocken, Sojabohnen, Kürbiskernen, Sonnenblumenkernen, Sesam und Walnüssen. Ein warmer Porridge mit Nüssen und Samen ist deshalb ein ideales Abendessen für Radfahrer, um Körper und Geist zur Ruhe kommen zu lassen.

9. Valin – der Treibstoff für Ausdauer
Funktion im Körper:
Valin gehört wie Leucin und Isoleucin zu den BCAAs (verzweigtkettigen Aminosäuren). Es wird direkt in den Muskeln verstoffwechselt und dient dort als Energiequelle. Außerdem trägt Valin dazu bei, die Muskelkoordination zu verbessern und das Nervensystem stabil zu halten.
Bezug für Radfahrer & Sportler:
Liefert schnell verfügbare Energie in den Muskeln – besonders dann, wenn die Kohlenhydratspeicher nach langen Etappen leer sind.
Schützt vor Muskelschäden durch Ausdauerbelastungen.
Hilft, die mentale Frische zu bewahren, da es mit Tryptophan um Transportwege ins Gehirn konkurriert – das kann Müdigkeit etwas hinauszögern.
Unterstützt die Feinabstimmung der Muskeln und damit die Koordination – wichtig auf langen Fahrten oder technischen Passagen.
Vegane Quellen:
Valin ist in vielen pflanzlichen Lebensmitteln enthalten: Hülsenfrüchte (Sojabohnen, Linsen, Erbsen), Nüsse (Erdnüsse, Cashews), Haferflocken und Vollkornprodukte sind besonders gute Quellen. Ein Erdnuss-Hafer-Müsli oder eine Portion Linsen mit Vollkornreis liefern viel Valin für Energie und Regeneration.
👉 Damit du die wichtigsten Infos immer griffbereit hast, kannst du dir die beiden Tabellen als praktisches PDF Dokument herunterladen. So hast du die Übersicht über alle essenziellen Aminosäuren und die cleveren Lebensmittelkombinationen jederzeit zur Hand – egal ob zu Hause oder unterwegs auf Radreise.
Fachbegriffe einfach erklärt
BCAAs (Branched Chain Amino Acids / verzweigtkettige Aminosäuren):
Dazu gehören Leucin, Isoleucin und Valin. Sie heißen so, weil ihre Struktur „verzweigt“ ist. Sie werden direkt in den Muskeln verstoffwechselt und sind deshalb besonders wichtig für Sportler, um Muskeln zu versorgen, aufzubauen und vor Abbau zu schützen.Limitierende Aminosäure:
Jede Eiweißquelle hat ein bestimmtes Aminosäurenprofil. Fehlt eine Aminosäure oder ist sie nur in geringen Mengen vorhanden, dann „limitiert“ sie den gesamten Eiweißaufbau. Beispiel: Getreide hat wenig Lysin, Hülsenfrüchte wenig Methionin. Kombiniert man beide, gleicht sich das aus.Aminosäurenprofil:
Eine Art „Fingerabdruck“ eines Lebensmittels, der zeigt, welche Aminosäuren in welcher Menge enthalten sind. Je ausgewogener, desto besser kann der Körper daraus Proteine bauen.Biologische Wertigkeit:
Beschreibt, wie effizient der Körper ein Protein in körpereigenes Eiweiß umwandeln kann. Tierische Produkte haben oft einen hohen Wert – aber auch viele Kombinationen pflanzlicher Lebensmittel erreichen Spitzenwerte.

Dein Feedback zählt 🚴♀️🌱
Du hast jetzt gesehen, wie wichtig Aminosäuren für Radfahrer und Radreisende sind – von Muskelaufbau über Energie bis hin zu Schlaf und Stimmung. Vielleicht hast du schon ein paar Ideen, wie du deine Ernährung anpassen kannst, um die Bausteine über den Tag verteilt besser einzubauen.
👉 Jetzt bist du dran:
Hast du nach diesem Artikel Lust bekommen, deine Mahlzeiten gezielter zusammenzustellen?
Spürst du vielleicht schon erste Veränderungen in deiner Leistung oder Regeneration, wenn du mehr auf Aminosäuren achtest?
Schreib mir deine Erfahrungen in die Kommentare – ich freue mich zu hören, ob dieses Wissen auch dein Radfahrerleben beeinflusst. Gemeinsam können wir so noch mehr praktische Tipps für unterwegs entwickeln.


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